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Hermann Weinkauff

Neues zu Hermann Weinkauff

NS-Justiz. Neues zu Hermann Weinkauf

Helmut Kramer 28.10.2016

Fataler Start des Bundesgerichtshofs. Überraschender Fund zu seinem ersten Präsidenten Hermann Weinkauff

Der Name Hermann Weinkauff galt schon immer als schwere Hypothek des Bundesgerichtshofs, weit über dessen langjährige Amtszeit hinaus mit prägendem Einfluß auf Personalpolitik und Rechtsprechung (vgl. vor allem Klaus-Detlef Godau-Schüttke: Der Bundesgerichtshof – Justiz in Deutschland, Berlin 2005, S. 36 – 84). Vor allem stand der Name als ein Musterbeispiel für die personelle Kontinuität in der Frühzeit der Bundesrepublik. Denn Weinkauff war Reichsgerichtsrat. Auch in eifriger Suche nach einer Mitwirkung Weinkauffs auch an einem Unrechtsurteil wurden seine zahlreichen Kritiker aber nie fündig. Weinkauff hatte vor allem in einem Zivilsenat mitgewirkt, und nach einer lange anhaltenden Legendenbildung war das Zivilrecht im NS-Staat unpolitisch geblieben. Was Weinkauff anhaftete, war somit nur der Dienstrang, die abstrakte Belastung durch seine Funktion. Und das von einem Beamten bearbeitete Arbeitsfeld besagt hinsichtlich einer möglichen Belastung nicht viel mehr als etwa eine NSDAP-Mitgliedschaft. Im Übrigen sorgte Weinkauff selbst kräftig an der Mythenbildung mit, wonach das Reichsgericht ein Hort der Rechtssicherheit war. Das geschah unter anderem in einer von Weinkauff mitverfassten „Denkschrift zur Stellung des Reichsgerichts unter der Herrschaft des Nationalsozialismus“. Nicht einmal im Strafrecht sei es der „Staatsführung gelungen, die Rechtspflege vom richtigen Wege abzubringen“.

Gründlicher ist der Verfasser einer umfangreichen Biografie (Daniel Herbe, Hermann Weinkauff (1894-1981). Der erste Präsident des Bundesgerichtshofs, Tübingen 2008) vorgegangen. Danach war Weinkauff zeitweise auch dem 3.Strafsenat des RG zugeteilt, also jenem Strafsenat, der durch die berüchtigte Blutschutz- bzw. „Rasseschande“ Rechtsprechung bekannt geworden ist. Daniel Herbe bemerkt (S. 44) dazu: Weinkauff war an dieser Rechtsprechung nicht beteiligt. Diese Meinung bedarf nun einer Korrektur. Dafür sorgt ein von Helmut Kramer im Staatsarchiv Erfurt entdecktes Urteil des 3. Strafsenats des Reichsgerichts, an dem Weinkauff mitgewirkt hat. Darin bestätigte dass RG unter Mitwirkung von Weinkauff ein Urteil des Landgerichts Mühlhausen vom 2. September 1936. In dem Urteil hatte das Landgericht Mühlhausen den Kaufmann Hermann Horn aus Mühlhausen nach dem Nürnberger Blutschutzgesetz vom 15. September 1935 wegen „Rasseschande“ eine Gefängnisstrafe von neun Monaten verhängt. Horn, der „Halbjude“ war, hatte mit einer „Arierin“, einer langjährigen Freundin, ein intimes Verhältnis unterhalten. Das Vorbringen Horns, wegen seiner Eigenschaft als „Halbjude“ und aufgrund seiner (auch mit Tatsachen belegten) inneren Lösung von der jüdischen Religionsgemeinschaft habe er angenommen, nicht unter die Nürnberger Gesetze zu fallen, half ihm auch beim Reichsgericht nichts.

Diese Selbstentlastung bedarf nun einer Korrektur. Dafür sorgt ein jetzt von Helmut Kramer im Staatsarchiv Erfurt entdecktes Urteil des Dritten Strafsenats des Reichsgerichts, an dem Weinkauff, damals noch als an das Reichsgericht abgeordneter Landgerichtsdirektor, mitgewirkt hat. In diesem Urteil vom 2. September 1936 bestätigte das Reichsgericht eine nach dem Nürnberger Blutschutzgesetz vom 15. September 1935 gegen den Kaufmann Hermann Horn aus Mühlhausen wegen „Rasseschande“ verhängte Gefängnisstrafe von neun Monaten. Horn, der „Halbjude“ war, hatte mit einer „Arierin“ ein intimes Verhältnis unterhalten. Das Vorbringen Horns, wegen seiner Eigenschaft als „Halbjude“ und aufgrund seiner inneren Lösung von der jüdischen Religionsgemeinschaft habe er angenommen, nicht unter die Nürnberger Gesetze zu fallen, half ihm nichts.


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