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Leserbrief zu: SZ 09.08.2012, Kommentar „Barmherzigkeit für Oberst Klein“

Leserbrief zu: SZ vom 09.08.2012, Kommentar „Barmherzigkeit für Oberst Klein“

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich bitte um Veröffentlichung des folgenden

                                                 Leserbriefes:

Oberst Klein, der Hauptverantwortliche des Massakers bei Kundus in Afghanistan, soll demnächst zum Brigadegeneral befördert werden, nun schon der zweite Aufstieg nach Kundus. Beförderungen sind bekanntlich eine Auszeichnung für Richter, Beamte und Offiziere, die sich besonders bewährt haben, ohne Verletzung elementarer Dienst- und Einsatzregeln, wie dies Oberst Klein vorzuwerfen ist. Zur „EDEKA“ (Ende der Karriere) kommt es sogar bei ebenso aufrechten wie fachlich hochqualifizierten Staatsdienern, die sich dem Ansinnen, das Recht und Gesetz, etwa das Kriegsvölkerrecht zugunsten politischer oder militärischer Opportunität zurückzustellen, versagt haben, wie dies Oberstleutnant Jürgen Rose und Major Florian Pfaff getan haben.

Die Dinge auf den Kopf stellt deshalb, wer die Kritik an der Auszeichnung des Oberst Klein mit der Begründung abwehrt, nach der Ablehnung strafrechtlicher Ermittlungen gegen Oberst Klein durch den Generalbundesanwalt wäre ein Ausschluß von der Beförderung eine „unzulässige Nebenjustiz“, wäre mit anderen Worten also eine indirekte Bestrafung oder Disziplinarmaßnahme.

Mit der nochmaligen Beförderung des der fahrlässigen Tötung von 90 bis 140 Zivilisten verdächtigen Oberst Klein würde vor allem signalisiert, dass sich die Bundeswehr und die mit ihr verbündeten Armeen bei einem die Zivilbevölkerung gefährdenden Waffengebrauch noch weniger Zurückhaltung aufzuerlegen braucht als bislang. Bezeichnenderweise fordert Peter Blechschmidt allein „Barmherzigkeit für Oberst Klein“. Daran, dass die Beförderung eines für ein Massaker Verantwortlichen geradezu als Freibrief für künftige ähnliche „Kollateralschäden“ verstanden werden kann, verschwendet er keinen Gedanken.

Zur Begründung eines rechtlichen oder moralischen Beförderungsanspruchs des Oberst Klein genügt Peter Blechschmidt, dass das Vorliegen einer „strafbaren Schuld“ verneint wurde. Ein Soldat hat aber nicht nur das „ethische Minimum“ des Strafrechts (Georg Jellinek), sondern auch die Einsatzregeln und humanitäre Anforderungen zu respektieren.

Das Schönreden militärischer Exesse fügt sich in den Versuch, durch die Errichtung einer Schwerpunktstaatsanwaltschaft in Kempten einen praktisch rechtsfreien Raum für die Bundeswehr zu schaffen und ihren Einsatz möglichst auch der parlamentarischen Kontrolle durch den Bundestag zu entziehen (vgl. Peter Blechschmidt „Sehnsucht nach dem EU-Heer“, SZ vom 06.08.2012).

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Helmut Kramer

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