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Standpunkte der Bundestagsfraktionen zur Rehabilitierung der „Kriegsverräter“

Fraktion DIE LINKE:
Sie hat den Antrag gestellt (Drucksache 16/3139 vom 25.10.2006).

CDU/CSU-Fraktion:
Nach ihrem Sprecher, Norbert Geis, sind die Kriegsverräter nichts anderes als „simple verbrecherische Verräter“. Sie hätten „oft in einer verbrecherischen Weise den eigenen Kameraden geschadet, ja sie oft in Lebensgefahr gebracht. Insbesondere die Überläufer hätten „sich nach allen Maßstäben der zivilisierten Welt in höchstem Maße verwerflich verhalten“ (Norbert Geis in der Bundestagssitzung vom 10. Mai 2007). Schon bei der Abwehr des im Jahre 1995 von SPD und Grünen gemeinsam gestellten Antrages auf Aufhebung von Unrechtsurteilen der Wehrmacht war deutlich geworden, dass es den Rehabilitierungsgegnern nicht um Genugtuung für Opfer der NS-Unrechtsjustiz, sondern um die Ehrenrettung der Wehrmachtjustiz ging. Mit einer pauschalen Regelung würde man „denjenigen Richtern in der Militärjustiz Unrecht tun, die mit großem Mut dem Druck von Partei und Gestapo widerstanden und sich um ein unabhängiges Urteil bemüht haben“, wie dies u.a. Hans Filbinger getan habe, dem mit einer „Verleumdungskampagne (...) furchtbares, nicht wieder gutzumachendes Unrecht geschehen“ sei.  Deshalb werde die CDU/CSU-Fraktion sich nicht dafür hergeben, „den Deserteuren der Wehrmacht von vornherein einen Persilschein auszustellen“ (Norbert Geis im Pressedienst der CDU/CSU-Fraktion vom 2.6.1995). Ob alle CDU/CSU-Abgeordneten diese radikale Argumentation teilen, ist unklar.

SPD-Fraktion:
Nach allem, wie sich maßgebliche SPD-Politiker in den Jahren seit 1995 in der Auseinandersetzung um die NS-Unrechtsjustiz gestellt haben, kann man davon ausgehen, dass so gut wie alle Mitglieder der SPD-Fraktion in der Sache hinter dem Rehabilitierungsbegehren stehen. Das Problem liegt darin, dass man es der Linksfraktion überlassen hat, den Antrag zu stellen. Und mit dieser möchte man nicht einmal in einer so ernsten Sache gern etwas gemeinsam haben.

Fraktion DIE GRÜNEN
Die Grünen haben nie einen Zweifel daran gelassen, dass den Opfern der Wehrmachtjustiz Gerechtigkeit widerfahren muss. Schließlich waren die Grünen die ersten, die die Initiative zur Rehabilitierung der Opfer der Wehrmachtjustiz ergriffen haben, schon mit der großen Anfrage der Grünen von 1986, einer Anfrage im Januar 1990 und  mit dem Antrag der Bundestagsfraktion Bündnis 90/ Die Grünen vom 30. Januar 1995 (vgl. Wolfram Wette (Hg.): Deserteure der Wehrmacht, Essen 1995, S. 140 ff, 144 ff).

FDP-Fraktion:
Die Bundestagsrede ihres Sprechers Jörg van Essen vom 10. Mai 2007 (16/9974) ist ein Meisterstück in der Kunst, mit vielen Worten keine Aussage zu bringen: Der Oberst der Reserve van Essen enthält sich jeder Begründung dafür, warum das Anliegen auf pauschale Rehabilitierung in der Sache verfehlt sei. Im Unterschied zu Norbert Geis enthält er sich jeder negativen Bewertung der „Kriegsverräter“. Selbst den Hinweis auf die Kameradengefährdung verpackt er in ein Zitat der Bundesjustizministerin. Stattdessen versucht er, die Problematik zu vernebeln: Es sei „gespenstisch“, dass der Bundestag sich mit dem von der Linken gestellten Antrag beschäftigen müsse. Nach den Ursachen dafür, dass die Rehabilitierung der „Kriegsverräter“ noch immer ausstehe, fragt er nicht. Unter Ausblendung der Tatsache, dass der Bundestag im Jahre 2002 die „Kriegsverräter“ ausdrücklich nicht rehabilitieren wollte, behauptet er, die Kriegsverräter seien bereits ausreichend rehabilitiert. Der Rehabilitierungsantrag „verunsichere“ die Opfer der NS-Justiz, laufe auf eine „erneute Demütigung der Opfer“ hinaus und mache sie zu „Untoten“. Er versuche „Zwietracht dort zu säen, wo große Einigkeit in diesem Haus – auch mit Blick auf den Eindruck im Ausland – angebracht wäre und in meinen Augen bei der Bewertung von NS-Unrecht auch immer gegeben“ sei. Deshalb wäre der Antrag „brandgefährlich“. Er sei sich „nicht sicher, ob hier wirklich Regelungsbedarf besteht“.